Aus dem Hintergrund fällt Licht in ein Chaos von Locken, die wie Wirbel und Wellen in Rotbraun von Schulterhöhe den Hals hinauf, sanft über das Ohr, den ganzen Kopf vereinnahmen wollen, hinaufsteigen, sich brechen, um schließlich über die Stirn ins Dunkel des Schattens hinab zu sinken, und sich in einer letzten Drehung wie in Luft zu lösen scheinen. Ganz undurchdringlich erscheint dieses Haar, an dessen feinen Oberflächen sich der Lichtschein bricht, und durch dessen lockige Bögen hindurch ausschließlich, so scheint es bald, dieser die hohe, glatte Wange, den Hals, die Halsschlagader, den Kragen des jungen Mannes erreicht, sanft erhellt, und ein wenig von der knubbelig-runden Nasenspitze über den vollen Lippen eines ganz entspannt geschlossenen Mundes in diesem rundlichen Gesicht sichtbar werden lässt. Allein die Augen bleiben ein Mysterium der Beobachtung. Der Blick aus ihnen, der den Künstler erreicht, und der nun uns erreicht, ist der Blick aus dem tiefsten Schatten, den das Licht hier zu bieten hat. Und wie sich die Wahrnehmung in der Dunkelheit erst darauf einstellen muss, auch die feinsten Anflüge von Licht zu nutzen, um wirklich als wahr zu nehmen, was da ist, so braucht es Momente in diesem Wechselspiel aus Wirbeln und Ruhe, Flächen und Strukturen, Linien und Grenzen zwischen Hell und Dunkel, Vordergrund und Hintergrund, Stoff und Haut, um sie zu sehen, wie sie uns sehen.

Ein junger Mann, zweiundzwanzig Jahre, schaut sich an, und was er sieht, ist auch die Entwicklung des Menschen, den er sieht. Ein Selbstporträt als Künstler in aller Klarheit auch über die Unklarheit des Sehens, dieses ersten aller Instrumente künstlerischer Arbeit, dieser Grundlage noch vor allen Leinwänden, Paletten und Farben. Was wir nun sehen, ist die Suche nach dem Blick, eines der ersten Selbstbildnisse von Rembrandt Harmensz van Rijn, dem im Leben des Künstlers noch viele folgen werden. Er wird sich immer wieder selbst suchen in seinem Blick, er wird seinem Blick folgen durch die Jahre, und durch die Veränderungen, deren Zeuge er wird. Er wird sich in anderen sehen, sich verwandeln, er wird sich seiner Sache sicher, und seiner Zukunft unsicher sein, er wird seinen Aufstieg in diesem Blick begleiten, und auch sein Zweifeln und vielleicht das Leid, das ihn treffen wird. Noch aber ist das Licht, das dieser Blick brauchen wird, Licht einer Erfahrung, geschult an der Vergangenheit. Noch hat es die Augen, die uns und in die Zukunft sehen, nicht erreicht.